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Initiative Kulturzukunft: Wie partizipativ ist die Kulturpolitik in Bayern?

04/08/2023

Auf der Podiumsdiskussion der Initiative Kulturzukunft wurden die Visionen und Strategien der Parteien zur Zukunft der Kulturinfrastruktur in Bayern hinterfragt

Bayern gilt als die Hochburg der Kunst und Kultur in Deutschland. Doch wie partizipativ ist die Kulturförderung in diesem Bundesland wirklich? In diesem Beitrag werfen wir aus Sicht unserer täglichen Arbeit als Bildungsträger einen kritischen Blick auf die bayerische Kunst- und Kulturförderung sowie auf die Bildungs- und Arbeitsförderung auf Bundesebene.

Seit einem Jahr initiiert die Initiative Kulturzukunft als unabhängige, bürgerschaftliche Vereinigung von Freundeskreisen bayerischer Kulturinstitutionen Podiumsdiskussionen, die zum Austausch anregen sollen, mit dem Ziel, Politik, Medien und die breite Öffentlichkeit auf die Herausforderungen im kulturpolitischen Betrieb aufmerksam zu machen und Lösungsvorschläge einzufordern.

Am 16. Juli 2023 ging die Initiative der Frage „Wie positionieren sich die Parteien im Landtagswahlkampf zur Zukunft der Kulturinfrastruktur?“ im Audimax der TUM nach. Die Initiative verfolgt das Ziel, Politik, Medien und die breite Öffentlichkeit auf die Missstände im kulturpolitischen Betrieb aufmerksam zu machen und Lösungen von der Politik einzufordern. Der Freistaat soll Verantwortung übernehmen und das inhaltlich wie finanziell nicht bürgerlichem privatem Engagement überlassen. Die Gäste auf dem Podium waren: Thomas Kreuzer (CSU), Sanne Kurz (Bündnis 90/Die Grünen), Florian Streibl (Freie Wähler), Volkmar Halbleib (SPD). Dr. Wolfgang Heubisch (FDP).

Moderation: Anna Kleeblatt und Dr. Markus Michalke

Während die einen, darunter Thomas Kreuzer, eine Kulturagenda als wenig sinnvoll erachten, den viel genannten Sanierungsplan für die vielen maroden Kulturstätten im Land hingegen, nach bekannter, bayerischer Gutsherrenart, voranbringen möchten, zeigen sich die anderen, wie Sanne Kurz, revolutionsfreudiger und visionär mit Plan, dabei wenig „Öko“, wie sie selbst sagt. Schließlich gibt sich eine moderne Kulturpolitik Richtlinien, setzt Schwerpunkte und bündelt die Vielfalt von Einzelmaßnahmen in sinnvolle Programme. Vielleicht gelingt es in diesem Wahljahr, initiiert durch die Initiative Kulturzukunft, Kräfte zu bündeln, Wandel anzustoßen, um eine zeitgemäße Kulturpolitik auf den Weg zu bringen. Wir sind überzeugt, dass es für diesen Prozess förderlich ist, die Stimmen und Positionen der Künstler* mit einzubeziehen.

Kultur verkaufe schließlich für uns alle Träume

Wie schön, auch diesen Gedanken durch Sanne Kurz auf dem Podium gehört zu haben. Wer schafft diese Träume? Es sind all jene, die sich berufen fühlen, ein künstlerisches Talent mitbringen und Ausbildungswege einschlagen, die in jungen Jahren manchmal hart erkämpft werden und die der Gefahr anheimfallen, im Alter arm und erfolglos zurückzubleiben. Die im Laufe ihrer Berufsjahre immer wieder von vorn beginnen, viel Unterstützung und Zuspruch benötigen, um am Ball zu bleiben, die hart an ihren Ausdrucksmitteln arbeiten, immer auf der Suche nach der vollendeten Form – ein ständiges Ringen mit den Widrigkeiten eines Marktes, der sich Kultur- und Kreativwirtschaft nennt.

Wir (kmkb) als Münchner zertifizierter Bildungsträger und Beratungsagentur für die Kultur-, Medien- und Kreativbranche begleiten tagtäglich Akteure*, die an beruflichen und/oder künstlerischen Wendepunkten stehen. Vermehrt suchen uns Menschen auf, die ihren künstlerischen Beruf bzw. ihre Aufgabe in einem Kulturberuf aufgeben wollen, ihre Tätigkeit als u. a. Kurator*, als Filmschaffender* in den unterschiedlichen Gewerken, als Redakteur*, Illustrator*, Schauspieler*, Bildender Künstler*. Gründe hierfür sind u. a. schlechte Arbeitsbedingungen, finanzielle Unsicherheiten, mangelnde Wertschätzung, Kündigungswellen, das Fortschreiten der Digitalisierung. Zumeist erarbeiten wir alternative Arbeitsmodelle mit der Haltung „Menschliches Verhalten wird nicht von Bedingungen diktiert, die der Mensch antrifft, sondern von Entscheidungen, die er selbst trifft“ (Victor Frankl)

Wir reflektieren gemeinsam, verstehen uns als Sparringspartner und/oder Peer, werten aus und setzten neu an. Wir erarbeiten gemeinsam mit den Akteuren* Strategien auf der Grundlage von Strukturfragen und arbeitsmarkt- und kulturpolitischen Gegebenheiten. Hierbei zeigt sich häufig eine starke Anpassungs- und Leidensfähigkeit der Akteure*. Trotz allem stoßen sie an Grenzen, die sie glauben, nicht überwinden zu können. Sie üben sich in unternehmerischen Haltungen, sind gewillt Perspektiven zu wechseln und zügeln ihr Bedürfnis nach Partizipation und Wertschätzung, üben sich in Dankbarkeit, schätzen es, in einem Land zu leben, das auf einer Verfassung beruht, die Demokratie lebbar macht, sehen sich als aktiven Teil eines Kulturauftrages, den sie mitgestalten, wenn auch nicht mitbestimmen. Und trotz allem geht ihnen die Luft aus. Die Überlegung, in ein anderes Bundesland zu ziehen oder auszuwandern, ist Teil dieses Prozesses.

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Bayerns Förderrichtlinien für die Kunst – eine Analyse

Bayerns Förderrichtlinien für die Kunst sind in den letzten Jahren immer wieder in die Kritik geraten. Eine Analyse zeigt, dass die politischen Entscheidungen der bayerischen Regierung in der Kunstförderung oft nicht ausreichend transparent sind. Die Verteilung der Gelder scheint willkürlich und nicht immer nachvollziehbar zu sein. Künstler* fühlen sich benachteiligt und kritisieren die fehlende Unterstützung vonseiten der Politik. Es gibt auch Stimmen, die eine stärkere Einbindung der Kunstszene in politische Entscheidungen fordern. Eine Meinungsumfrage unter Künstlern in Bayern (“Studie des Berufsverbands Bildender Künstler – Künstlerisches Prekariat” – Süddeutsche, 19.07.2022) zeigt, dass viele von ihnen eine Veränderung der aktuellen Förderrichtlinien wünschen. Sie erhoffen sich eine fairere Verteilung der Gelder und mehr Unterstützung für innovative Projekte. Um zu einer gerechteren Verteilung des Geldes beizutragen, müssen Politik und Kunstszene enger zusammenarbeiten. Nur so kann eine transparente Entscheidungsfindung gewährleistet werden, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird.

Eine Forderung der Initiative Kulturzukunft: Finanzielle Unterstützung der Kultur durch die bayerische Regierung

Bayern hat eine lange Tradition in der Förderung von Kunst und Kultur. Die bayerische Regierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die kulturelle Vielfalt im Freistaat zu erhalten und zu fördern. Dabei spielen auch finanzielle Mittel eine wichtige Rolle. Die bayerische Regierung unterstützt Künstler* sowie Kulturschaffende durch verschiedene Förderprogramme und Stipendien. Doch wie fair und transparent sind diese Förderrichtlinien wirklich? Wie werden Entscheidungen getroffen und wer profitiert davon? Diese Fragen sind von großer Bedeutung, wenn es um die Zukunft der Kunstszene in Bayern geht. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die politischen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die Kunstförderung genauer zu betrachten. Nur so können wir gemeinsam Lösungen finden, um eine faire Verteilung der finanziellen Mittel zu gewährleisten und somit die kulturelle Vielfalt in Bayern zu stärken.

Mehr Investitionen in den ländlichen Raum?

Um in Firmen, in Organisationen und Institutionen interkulturelle Kompetenz zu schulen, Rassismus zu bekämpfen und eine diverse Gesellschaft zu gestalten, muss investiert werden, auch in den ländlichen Raum.

Eine Politik, die glaubt, politische Mehrheiten finden sich in der Metzgerei oder im Wirtshaus am genderfeindlichen Stammtisch, der täuscht sich. Mag sein, dass andererseits Forderungen grüner Politik Gemüter erhitzen, dass der eine oder die andere der Ansicht ist „da sind diese Moralapostel* doch mal richtig über das Ziel hinausgeschossen“, mag sein, dass der pädagogisch, aufklärerische Duktus grüner Politik am Volkswillen vorbei zielt, was jedoch nicht anzuzweifeln ist, ist ihr Wille, Zukunft zu gestalten, der Wille zur gesamtgesellschaftlichen Partizipation.

Auswirkungen der politischen Förderrichtlinien auf die Kunstszene – Eine Meinungsumfrage unter Künstlern* in Bayern

Die politischen Förderrichtlinien haben eine erhebliche Auswirkung auf die Kunstszene in Bayern. Eine Meinungsumfrage unter Künstlern* zeigt, dass viele sich von der Politik nicht ausreichend unterstützt fühlen. Die Vorgaben sind oft sehr eng und lassen nur wenig Spielraum für individuelle Projekte. Außerdem werden bestimmte Kunstformen bevorzugt, während andere vernachlässigt werden. Dies kann dazu führen, dass innovative und experimentelle Kunstprojekte nicht gefördert werden und somit die Vielfalt der Kunstszene eingeschränkt wird. Auch die Vergabepraxis wird kritisiert: Oftmals scheinen Entscheidungen willkürlich oder politisch motiviert zu sein. Viele Künstler* wünschen sich eine transparentere Vergabepraxis sowie mehr Autonomie bei der Umsetzung ihrer Projekte. Es bleibt zu hoffen, dass Politik und Kultur in Zukunft besser zusammenarbeiten können, um eine faire und vielfältige Kunstförderung in Bayern zu gewährleisten.

Wie können wir zu einer faireren Verteilung des Geldes beitragen?

Eine Fragestellung an alle Kulturverantwortlichen

Wie können wir zu einer faireren Verteilung des Geldes beitragen? Diese Frage beschäftigt viele Menschen, nicht nur in der Kunstszene. Es ist wichtig, dass die finanzielle Unterstützung der Kultur durch die bayerische Regierung transparent und gerecht erfolgt. Eine Möglichkeit wäre, dass bei der Vergabe von Fördergeldern nicht nur die künstlerische Qualität berücksichtigt wird, sondern auch die Vielfalt der Künstler* sowie ihre soziale und finanzielle Situation. Auch eine stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit bei Entscheidungen über die Verwendung von Steuergeldern könnte zu einer faireren Verteilung beitragen. Zudem sollten Künstler* ermutigt werden, sich aktiv an politischen Diskussionen zu beteiligen und ihre Interessen zu vertreten. Nur so kann eine demokratische Entscheidungsfindung gewährleistet werden, die allen zugutekommt – sowohl den etablierten als auch den aufstrebenden Künstlern* in Bayern.

Die Zukunft der Kultur (nicht nur in Bayern) reicht weiter als ins Stadttheater – wir brauchen einen Wandel, tief in die Bildungs- und Arbeitspolitik hinein

Wir bleiben bei den Träumen, bei den Menschen, die sie uns ermöglichen, die unseren Geist inspirieren, uns herausfordern, Perspektiven zu wechseln, die sich berufen fühlen, den Finger in die Wunde zu legen, die uns Trost spenden und uns Türen öffnen, die wir allein vielleicht nicht zu öffnen wagen. Diese Menschen agieren in Branchen und Strukturen, die von Fördergeldern aus dem Bund und dem Land abhängig sind, die sich auf unsichere Arbeits- und Projektverträgen einlassen, um wirken zu können. In Zeiten der Pandemie wurde sichtbar, wie prekär die Ausgangslage ist, wie wenig Ersparnisse und Rücklagen gebildet werden konnten, um durch die Krise zu kommen. Vieles ist getan worden, vieles abgefangen worden. Eines allerdings bleibt nach wie vor bestehen, die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik haben keine Antworten darauf gefunden.

Sicherlich gibt es einige, die ein „Karrierecoaching“ für sinnvoll und förderlich halten, für andere allerdings ist die zwangsweise Zuweisung eine Zumutung. Ein freiwilliges Angebot wäre eine Geste der Kooperation, der Wertschätzung und würde den Bildungsmarkt, der mit vielen Widrigkeiten und ausbeuterischen Strukturen und Auflagen zu kämpfen hat, vielfältiger sein lassen. Bedingt durch den Arbeitsmarkt der Kulturbranche sind manche Akteure* mehr als einmal im Leben gezwungen, die Instrumente staatlicher Unterstützung wahrzunehmen, bis ein Anschlussprojekt oder eine kurzfristige Anstellung ihren Lebensunterhalt wieder sichert. 

Integration – Heranführung an den Arbeitsmarkt der Akteure* aus der Kultur- und Kreativbranche

Im Rahmen unserer jährlichen externen Audits durch eine Zertifizierungsstelle, erleben wir, wie überfordernd die Zielgruppe der Kultur-, Medienschaffende und kreative Berufe für ein System ist, das sich nur sehr eingeschränkt an ganzheitliche Konzepte mit individuellen, prozessorientierten Ansätzen wagt. Die Branche passt nicht ins Raster. Allein die Tatsache, dass die meisten Akteure* Arbeitsmodelle leben oder anstreben, die nicht unter der Bezeichnung Selbstständigkeit oder sozialversicherungspflichtige Festanstellung einzuordnen sind, erschwert nicht nur die Konzeptarbeit und das Zertifizierungsverfahren, sondern auch die jährlich vorzuweisenden Integrationsquoten. Kriterien, wie Erweiterung des Netzwerkes oder Verbesserung der Projektauftragslage, die es ermöglichen, dass die Akteure* mit weniger „unproduktiven“ Leerlaufzeiten ihr Jahr planen, werden nicht gezählt. Darüber hinaus wird ein erfolgreich gestellter Förderantrag nicht als Integration gewertet. Auch die Stabilisierung nach einem Projekt, das an die Substanz geht oder andere Krisen, werden nicht als Kriterium anerkannt, solange das Angebot nicht im Bereich des Gesundheitscoachings angesiedelt ist. Dieses Verfahren erhöht auf allen Seiten Druck, der wenig zielführend ist, denn die Konzeptarbeit für das Zertifizierungsverfahren muss an die Richtlinien angepasst werden und geht somit an den Bedürfnissen und der Arbeitsmarktrealität der Kultur- und Kreativbranche vorbei.

Durchaus hat die Bundesagentur für Arbeit die Kultur und Künstler* im Blick. Ihre Anlaufstelle ist die ZAV, die Künstlervermittlung der Agentur. Diese agiert allerdings nicht beratend, sondern vermittelnd. Wir wünschen uns ein sinnhaftes und wertschätzendes Konzept für die Kultur- und Kreativbranche im Rahmen der Arbeitsförderung, um Menschen, die uns Träume verkaufen, weiterhin zielführend zu unterstützen. Wir danken der Initiative Kulturzukunft für ihr Engagement und ihre Agenda. Denn wie der bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume zurecht sagt: „(…) Kultur ist mehr als nur Steine.“ (Quelle: Süddeutsche Zeitung 25.05.2023 – Kultur Agenda: Zeitenwende oder Schleichweg)

Wer Näheres über die Initiative Kulturzukunft erfahren möchte, findet hier interessante Beiträge zum Mitdiskutieren: www.initiativekulturzukunft.de oder auf YouTube: www.youtube.com/@InitiativeKulturzukunftBayern

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