
Filmfest München – Die Grünen und das Netzwerk Film & Demokratie luden ein
23/07/2024
Filmschaffen in Zeiten des Rechtsrucks: Demokratie & Pluralität verteidigen!
Bayerischer Landtag, Senatssaal, den 30. Juni 2024
Ein Panel von Bündnis 90/Die Grünen und Netzwerk Film & Demokratie im Rahmen des Filmfest München 2024

Inhalt
- Filmschaffen in Zeiten des Rechtsrucks: Demokratie & Pluralität verteidigen!
- Sanne Kurz, Sprecherin für Kultur und Medien der Grünen im Bayerischen Landtag, führte souverän durch den Abend
- Haushaltsplan der AfD 2024/25 – Streichung der Förderung für die Kultur- und Kreativwirtschaft
- Der Änderungsantrag der AfD trägt zur Schwächung der Kreativwirtschaft und damit der Innovationskraft bei
- Ein widersinniger Antrag, angesichts existierender bayerischer Kulturförderung
- Wehret den Anfängen? Für die bayerische Staatsregierung eine Herausforderung.
- Beiträge zum Thema Demokratie & Kultur
Audio-Aufzeichnung Panel – 01:53:40
Aufzeichnung: Hermann Wittekopf
Sanne Kurz, Sprecherin für Kultur und Medien der Grünen im Bayerischen Landtag, führte souverän durch den Abend












Fotos: © kmkb, Hermann Wittekopf
Auf der Bühne vertreten waren (v.l.n.r) Kulturstaatsministerin Claudia Roth, MdL Sanne Kurz, Vorstandsmitglied der AG DOK Morgane Remter, MdB Michael Sacher. Auf dem freien Stuhl nahmen Platz: Schauspielerin Roxana Samadi, Geschäftsführer AG Kino Felix Bruder und Filmschaffender Daniel Eber
Während des Filmfestes in München fand am Sonntag, dem 30. Juni 2024, im Bayerischen Landtag das Panel: „Film in Zeiten des Rechtsrucks“ statt. Durch die Veranstaltung führte Sanne Kurz. Sanne Kurz ist Abgeordnete der Grünen, Sprecherin für Kultur und Medien der Grünen im Bayerischen Landtag, Mitglied im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst, Stimmkreisabgeordnete für den Münchner Südosten, regional zuständig für den Münchner Nordosten sowie Rosenheim West und den westlichen Landkreis um Rosenheim, Mitglied des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks – und all das immer mit einem offenen Ohr. So präsentiert sie sich selbst auf ihrer Website. Wer sie im bayerischen Senatssaal als Gastgeberin erlebt hat, wird bestätigen, dass Sanne Kurz nicht nur ein offenes Ohr hat, sondern sich auch durchzusetzen versteht.
Netzwerk Film & Demokratie, eine notwendige Institution
Die Eröffnungsrede hielt die Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Sie warnte eindringlich vor den Bedrohungen, die von rechten Populisten sowohl national als auch international ausgehen, und betonte die Notwendigkeit, sich als Mehrheit dagegen zu positionieren. Wie das konkret aussehen soll, zeigt sich u. a. anhand des Netzwerkes Film & Demokratie. Das Bündnis vereint verschiedene Verbände und Organisationen aus der Film- und Medienbranche, der Film- und Medienbildung sowie der Medienkultur. Es setzt sich gegen rechtsextreme und rechtspopulistische Einflüsse auf Medienschaffende, Medieninhalte und Medienkultur ein.
Das Netzwerk positioniert sich solidarisch mit Betroffenen brancheninterner Diskriminierung und hinterfragt diskriminierende sowie rassistische Strukturen in den eigenen Organisationen. Trotz kritischen Blicks auf Strukturen und Entwicklungen bekennt sich das Netzwerk zur Notwendigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Filmförderung und ihrer gesellschaftlichen Finanzierung.
Mehr zum Netzwerk Film & Demokratie auf der Website netzwerk-film-und-demokratie.de
Haushaltsplan der AfD 2024/25 – Streichung der Förderung für die Kultur- und Kreativwirtschaft
Um zu verdeutlichen, warum der Zusammenschluss von Verbänden notwendiger denn je ist, liest Sanne Kurz nach der Eröffnungsrede den im Bayerischen Landtag eingereichten Änderungsantrag vom 09.04.2024 der Abgeordneten Florian Köhler, Oskar Lipp, Johannes Meier und Fraktion (AfD) vor:
„Haushaltsplan 2024/2025;
Hier: Ausgaben zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft
(Kap. 07 03 TG 78)
Der Landtag wolle beschließen:
Im Entwurf des Haushaltsplans 2024/2025 werden folgende Änderungen vorgenommen:
In Kap. 07 03 wird der Ansatz der TG 78 (Ausgaben zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft) für das Jahr 2024 von 3.515,1 Tsd. Euro um 3.515,1 Tsd. Euro auf 0 Euro gekürzt.
In Kap. 07 03 wird der Ansatz der TG 78 (Ausgaben zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft) für das Jahr 2025 von 3.515,1 Tsd. Euro um 3.515,1 Tsd. Euro auf 0 Euro gekürzt.
Die eingesparten Mittel werden zur Erhöhung von bestehenden Ansätzen oder zur Finanzierung neuer Vorhaben im Entwurf des Haushaltsplans 2024/2025 an anderer Stelle verwendet.
Begründung: Die Streichung der Ausgaben des Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft ist aus mehreren Gründen dringend geboten. Angesichts der dramatisch fortschreitenden Deindustrialisierung ist es entscheidend, dass das Wirtschaftsministerium seine Ressourcen auf den Erhalt und die Stärkung der realen und maßgeblichen Wirtschaft konzentriert, anstatt sich um die Förderung der Kreativwirtschaft zu kümmern. Zudem gibt es legitime Bedenken hinsichtlich der Förderung von „woken“ Kulturprojekten, die möglicherweise männer-, inländer- und heimatfeindlich sind. Angesichts dieser Umstände ist es angebracht, die finanzielle Unterstützung für die Kultur- und Kreativwirtschaft einzustellen und die Mittel stattdessen für Maßnahmen zu verwenden, die einen direkten Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und Stabilität leisten. Zudem ist die Einmischung des Staates in die Kultursphäre äußerst bedenklich. Kultur sollte sich frei von jeglichem staatlichen Einfluss entfalten können.“
Der Änderungsantrag der AfD trägt zur Schwächung der Kreativwirtschaft und damit der Innovationskraft bei
Ein Statement:
Als Bildungsträger setzt sich kmkb im Rahmen der Arbeitsförderung SGB III für die Kultur- und Kreativwirtschaft ein und stärkt gesellschafts- und arbeitsmarktpolitisch die Akteure*. Als Anlaufstelle für individuelle künstlerische und marktrelevante Fragestellungen versteht sich kmkb seit 2020 als beratende Instanz für die Kreativbranche, für Künstler* und die Kulturarbeit. Obwohl wir ahnen, dass das Gedankengut hinter o. g. Begründung jeglichem Gegenargument trotzt, sehen wir es als unsere Aufgabe, zu verdeutlichen, dass der Antrag und die Begründung aus mehreren Gründen die reale und maßgebliche Wirtschaft schwächen. Wir gehen davon aus, dass nicht nur uns, sondern auch den Antragsstellern bewusst ist, dass die Kreativwirtschaft einen erheblichen Beitrag zur Steigerung des Bruttosozialprodukts erwirtschaftet, dass sich der Begriff: „Kreativität“ sprachlich vom lateinischen Wort „creare“ ableiten lässt und besagt: „etwas neu erschaffen, hervorbringen oder schöpfen“, dass, mit dem Sputnik-Schock Ende der 1950er-Jahre, Regierungen bewusst wurde, wie wichtig es ist, in die Kreativitätsforschung zu investieren, dass die 11 Teilmärkte der Kreativwirtschaft in Deutschland maßgeblich in alle Wirtschafts- und Industriezweige einwirken, dass, ohne die Kompetenzen der Kreativwirtschaft, keine Märkte zu erobern sind, dass die Zukunft der Arbeit und die Konkurrenzfähigkeit nur durch Kommunikation, Kollaboration, kritisches Denken und Kreativität (4K-Modell) zu meistern ist. All dies erfordert Investitionen und entlang des bestehenden Kulturauftrages der Länder auch staatliche Förderungen.
Und darüber hinaus: was ist mit den 24 bundesweiten Akademien und Hochschulen, die kreative Berufe und künstlerisches Wirken und Schaffen ausbilden und professionalisieren? Darunter staatlicherseits gefördert durch Bayern: die zwei Akademien der Bildenden Künste, drei Musikhochschulen und die Hochschule für Fernsehen und Film in München. Nicht zu vergessen, die vielen anderen Fakultäten, deren Studierende in einen der Berufe der Kreativwirtschaft münden. Was mit den innovativen Start-ups, die sich in einem Berufsfeld der Kultur- und Kreativwirtschaft gründen? Wofür stehen diese Institutionen, wenn deren Talente für den Wirtschaftsraum Bayerns und darüber hinaus nichts wert sind?
Es wäre interessant, könnten die Abgeordneten der Antragsstellung, diese Fragen beantworten, bevor sie im Begriff sind, Scherben zu hinterlassen, die sie nicht in der Lage sein werden aufzuräumen.
Ein widersinniger Antrag, angesichts existierender bayerischer Kulturförderung
Und weitergefragt: Warum stellen Sie ausgerechnet in Bayern einen Änderungsantrag, wo in diesem Bundesland mehr als genug Steuergelder sowie Privatvermögen in den Erhalt von Denkmälern und Schlössern fließen und wo Ihnen Regierungsvertreter, ob aus taktischen oder davon überzeugten Gründen, schon seit Längerem nach dem Mund reden? Ein Bundesland wie Bayern pflegt Brauchtum und Heimat. Ist Ihnen das Heimatministerium nicht bekannt? Seit 2014 angesiedelt an das bayerische Staatsministerium der Finanzen. Es befindet sich in der alten Bayerischen Staatsbank. Das Gebäude war 1945 bei einem Bombenangriff zerstört worden und wurde in den 1960er-Jahren wieder aufgebaut. Hier finden Sie u. a. Themen wie Heimatpflege und Volksmusik, Immaterielles Kulturerbe, Dialektförderung und die Schlösserverwaltung.
Ihr Bundesparteiprogramm 2021: Sie setzen sich gegen die Schmähung des Deutschen Kaiserreichs ein, das, davon sind Sie überzeugt, unzutreffend als rückständiger Unrechtsstaat diffamiert wird. Sie fordern, dass die deutsche Geschichte in ihrer Gänze zu würdigen sei. Die offizielle Erinnerungskultur dürfe nicht nur auf die Tiefpunkte der deutschen Vergangenheit konzentriert sein, sie müsse auch die Höhepunkte im Blick haben.
Bemerkung: Rund 1 Million Denkmäler aus der Kaiserzeit (von 1871 bis 1918) existieren, laut Google, in Deutschland, davon ca. 120 000 in Bayern. Über 450 davon bilden Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III. ab. Ganz abgesehen von den zahlreichen Straßennamen der Hohenzollern und der Feldherren und Schlachtorte aus den Befreiungskriegen 1813 und dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.
Wehret den Anfängen? Für die bayerische Staatsregierung eine Herausforderung.
Frage an die bayerische Staatsregierung: Warum haben Sie es als bayerische Regierungsvertreter im Januar 2024 zugelassen, dass zwei AfD-Abgeordnete als ehrenamtliche Richter des bayerischen Verfassungsgerichtshofs gewählt werden konnten? Sie hätten sich, wie es Abgeordnete der Grünen und der SPD taten, dagegen entscheiden können. Wie kann es sein, dass AfD-Kandidaten in ein Gericht einziehen, dessen Aufgabe es ist, über verfassungsrechtliche Fragen zu entscheiden, wo mehrere Landesverbände dieser Partei durch dieses Gericht als gesichert rechtsextrem eingestuft worden sind und selbst der bayerische Landesverband neuerdings vom Verfassungsschutz beobachtet wird?
Ein Appell an die bayerische Staatsregierung: Stimmen Sie nicht in eine rechte Rhetorik ein! Hören Sie auf mit dieser opportunistischen Politik!
Fazit: Unsere Demokratie wird schon längst mehr als bedroht. Es ist schon lange keine Heimattümelei mehr, die wir hören. Es braucht eine klare Absage an die spalterische Rhetorik, die nicht nur der AfD eigen ist. Auch jene Politiker, die glauben, durch Diskursverschiebungen Wähler zu gewinnen, muss Absage erteilt werden.
Wir danken Sanne Kurz für ihr Engagement und ihre Zivilcourage.
kmkb-Redaktion