kmkb - Volkshochschule München

Kunst und Kultur gegen Rechts –
Rechts gegen Kunst und Kultur

22/05/2024

Europa und Deutschland vor den Wahlen,

eine allgemein angespannte politische Lage und das Erstarken der rechten Ränder in den Parlamenten

Was bedeutete es einerseits, wenn Kunst und Kultur diesem politischen Klima ausgesetzt sind, welche Gefahr besteht für Künstler*, für die Kunstfreiheit, die Kunstszene allgemein und – kann andererseits Kunst es schaffen, Einfluss auf die rechtspopulistischen Entwicklungen zu nehmen? In welcher Verantwortung stehen Künstler*, Film- und Kulturschaffende? Wie abhängig ist die Kunst- und Kulturwelt von der Politik und – gut zu fragen: Was bedeutet überhaupt die noch herrschende Kunstfreiheit für die Demokratie oder umgekehrt, was würde ein Ende der Demokratie für Kunstfreiheit und Kultur im Allgemeinen bedeuten?

Kunst und Kultur gegen Rechts – Rechts gegen Kunst und Kultur

„In diesem Raum sitzen ganz viele Geschichtenerzähler. Ihr habt die Verantwortung, die Kraft des Films zu nutzen, damit so etwas nie wieder passiert!“ – Margot Friedländer

Im großen Saal im Berliner Theater am Potsdamer Platz konnte man eine Stecknadel fallen hören, als am 3. Mai 2024 die 102-jährige Holocaust-Überlebende Margot Friedländer bei der 74. Verleihung des Deutschen Filmpreises auf der Bühne stand und eine Rede gegen das Vergessen hielt.  „Was war, das können wir nun nicht mehr ändern, aber es darf nie, nie wieder geschehen. Ich bitte Euch: seid Menschen“, war nur einer ihrer Appelle an die Filmschaffenden, sie zu unterstützen, damit die Geschichte sich nicht wiederholt. Das bringe alles, was gegenwärtig gesagt werden muss auf den Punkt für die ganze Gesellschaft, schrieb später auf ihrem Instagram-Kanal die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal, die, zusammen mit Filmregisseur Wim Wenders neben Margot Friedländer auf der Bühne stand.
Ihre Ansprache schloss Margot Friedländer, Zeitzeugin eines der schlimmsten Verbrechen in der Menschheitsgeschichte, mit den Worten: „In diesem Raum sitzen ganz viele Geschichtenerzähler. Ihr habt die Verantwortung, die Kraft des Films zu nutzen, damit so etwas nie wieder passiert!“

Die Verantwortung der Film-, Kunst- und Kulturbranche im Kampf gegen Rechtsextremismus

Von welcher Verantwortung spricht Margot Friedländer? Wie können, oder besser gefragt, wie müssen Filmemacher*, überhaupt Künstler* wie auch Musiker* oder Darstellende Künstler* mit dieser Verantwortung umgehen, damit „so etwas“ nie wieder passiert? Welche Kraft haben ihre Werke, welche Kraft haben sie selbst?

Anlässlich dieser bewegenden Rede, dem damit verbundenen eindringlichen Appell und besonders angesichts der aktuellen, mehr als angespannten politischen Lage, nicht nur weltweit, sondern speziell auch in Europa und Deutschland, wo rechtspopulistische Parteien immer stärker werden und nicht nur Diskriminierungsformen wie Rassismus oder Sexismus, sondern besonders auch Judenfeindlichkeit, also Antisemitismus plötzlich wieder inmitten unserer Gesellschaft angekommen sind, möchten wir näher hinschauen, wie die Film-, Kunst- und Kulturbranche mit ihrer Verantwortung umgeht und vor allem, wie sie sie nutzen kann, damit „so etwas“ nie wieder passiert.  Aber wir fragen auch, wie sich die aufkommende rechtspopulistische bis rechtsextreme Strömung, außer auf die Gesellschaft allgemein, wiederum auf die Kunst- und Kulturszene auswirkt und welche Gefahren rechtes Gedankengut, das auch von Ausgrenzung und Hassparolen bestimmt ist, für die Branche mit sich bringt. In diesem Zusammenhang schauen wir später, was es eigentlich mit der „Kunstfreiheit“ auf sich hat. Für diejenigen, die sich noch nicht damit beschäftigt haben. Was bedeutet sie und was würde passieren, wenn Kunstfreiheit, die sogar noch weiter reicht als Meinungsfreiheit, nicht mehr gegeben wäre?

Wehret den Anfängen!

Eines ist klar: Die deutschen Film- und Kulturschaffenden können sich vor der Herausforderung des kulturellen Kampfes von rechts nicht verschließen.

Es ist wichtig, dass sie darüber nachdenken, wie sie mit dem zunehmenden Einfluss des Rechtspopulismus und Rechtsextremismus auf die Kulturpolitik umgehen können. Millionen Deutsche protestieren bereits gegen die Bedrohung für Demokratie und Gesellschaft durch rechtsextreme Politiker und die damit verbundene Gefahr durch rechte Ideologien – eine Bedrohung, die so deutlich ist wie nie, seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Aber auch viele Filmschaffende beobachten zum Glück mit Sorge die zunehmenden Wahlerfolge rechter Parteien. In ihren Spiel- und Dokumentarfilmen gehen sie über die bloße Beobachtung hinaus: Sie setzen sich mit den „Neuen Rechten“ auseinander, reflektieren die Gesellschaft kritisch und sind auf der Suche nach Möglichkeiten, um die Rhetorik, Methoden und Ziele der neuen Nazis aufzudecken. Ihre kreativen Stimmen haben die Kraft, Stereotypen zu durchbrechen, Empathie zu fördern und für mehr Toleranz und Verständigung zu werben. Indem sie kritische Positionen einnehmen, Tabus brechen und Denkanstöße geben. Sie erzählen von Zivilcourage und dem Aufschrei in der Gesellschaft. Von dem Aufschrei, an dem sie letztlich selbst beteiligt sind.

Filmemacher* gegen Rechts

Filmemacher* und Künstler* müssen sich kritisch mit dem politischen Geschehen auseinandersetzen dürfen, ohne Zensur, ohne Repressionen von oben.

Der Raum muss gegeben sein für diese Geschichten, für die Vergangenheit, sprich, die Geschichte an sich und auch für ihre eigene Geschichte, wie zum Beispiel die des Filmemachers Leo Hiemer. Schon lange hat er sich mit der NS-Zeit und dem Nazi-Terror im Allgäu, seiner Heimat, beschäftigt als er drei zusammengefasste Filme zu dem Thema „3 Filme gegen Rechts“ in den Kinos der Region zeigte. Im Mittelpunkt seiner Werke stehen die Menschen, die ausgegrenzt, gebrandmarkt, ausgeliefert, unauffällig weggebracht und ermordet wurden. Es soll nicht nur ein Zeitzeugnis, eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sein, sondern vor allem auch ein Beitrag zur Stärkung der Demokratie. Mehr über Leo Hiemer und seine Filme finden Sie auf seiner Website. Und hier noch andere Inspirationen zu Filmen „gegen Rechts“. Ausgesucht vom FILMDIENST, dem Portal für Kino und Filmkultur.

Die Kunst- und Kulturszene ist sensibilisiert

Gut zu erkennen: Die Szene ist sensibilisiert und das Problembewusstsein in der Branche geschärft. Auch innerhalb der eigenen Reihen.

Ein Beispiel: Nach einem Treffen des Geschäftsführers der hessischen Filmförderung Hans Joachim Mendig mit dem AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen etwa, das in den sozialen Netzwerken als „angeregter und konstruktiver politischer Kulturaustausch“ beschrieben wurde, kam es zu schweren Protesten der deutschen Filmszene. Die initiierte „Erklärung der Filmschaffenden (artechock.de)“, die von über 600 Filmschaffenden unterschrieben wurde, hatte so viel Macht, dass sie sogar zum Rücktritt von Hans Joachim Menden geführt hat. Die Erklärung forderte aber auch eine klare Positionierung gegen die kulturelle Offensive von Rechtsaußen. Nicht nur bei den Akteuren*, auch bei Kulturpolitikern* und öffentlichen Amtsträgern* ist das grundsätzliche Problembewusstsein jedoch geschärft. Sie sind sich noch bewusster, welche Kontakte zu Parteien wie der AfD in welcher Form überhaupt legitim und politisch möglich sind.

Künstler kam wegen antisemitischer Aussagen und israelfeindlicher Aktionen vor Gericht

Ein anderes Beispiel zum Thema Sensibilisierung, ebenfalls innerhalb der „eigenen (kunstschaffenden) Reihen“: beim Start der Konzerttour der Pink Floyd-Legende Roger Waters im Jahr 2023 hatte die Stadt Frankfurt (später auch München und Köln) versucht, das Konzert in ihrer Stadt abzusagen (Zeit – Online), wegen antisemitischer Aussagen und israelfeindlicher Aktionen und der Verbreitung russischer Propaganda seitens des britischen Sängers, E-Bassisten, Gitarristen, Komponisten, Texter und Musikproduzenten Waters. Der Mitbegründer der Band Pink Floyd gelte heute als einer der “reichweitenstärksten Antisemiten der Welt”, hatten Stadt und Land zur Begründung mitgeteilt.

Der Sänger wehrte sich und bekam vor Gericht recht. Er selbst sah sein „Menschenrecht auf Meinungsfreiheit“ in Gefahr. Die geplanten Konzertabsagen „verletzten Roger Waters in seinem Grundrecht auf Kunstfreiheit“, war die Einschätzung des Gerichts. Und „Anhaltspunkte für strafbare Handlungen – etwa das Verwenden von Propagandamaterial und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen oder Volksverhetzung – seien nicht ersichtlich“.

Ein Fall, in dem nun, genau umgekehrt, einem Künstler, der antisemitische Aussagen verbreitet, sein Menschenrecht auf Meinungsfreiheit gewährt wird, obwohl (noch) keine rechten Kräfte an der Spitze unseres demokratischen Staates stehen. Und obwohl doch auch Kunstfreiheit ihre eigenen Grenzen aus sich heraus hat, nämlich dort, wo sie mit anderen Grundrechten kollidiert, etwa die Menschenwürde verletzt, körperliche Unversehrtheit bedroht oder Persönlichkeitsrechte berührt werden.

Rechtlich und von staatlicher Seite scheint und ist die Freiheit der Kunst also momentan nicht in Gefahr. Wobei sie hier in diesem Fall eben fraglich ist. Weil sie an ihre Grenzen gekommen ist und aus den guten Gründen aus der neuen Sensibilisierung heraus Gegenwind bekommen hat.

Aber! Um wieder auf den Kern der begründeten Sorge zu kommen: Im Juni 2024 ist Europawahl. Und im September 2024 finden Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen, sowie viele Kommunalwahlen im ganzen Bundesgebiet statt. Es zeichnet sich eine Zuspitzung dieser bereits erwähnten politischen Stimmung ab, einhergehend mit der Befürchtung, dass unsere demokratische Freiheit und Kultur Gefahr laufen, ihren Schutz zu verlieren. Das gilt eben auch für die Künste im Allgemeinen, sowie für die Darstellenden Künste im Besonderen.

Die politischen Prinzipien der AfD

Bleiben wir in Deutschland. Sie wissen es ja sicherlich. Die AfD ist gegen „Altparteien“, „Genderismus“ und „Systemmedien“.

Sie vertritt rassistische Positionen, die mit demokratischen Prinzipien nicht vereinbar sind. Das Grundsatzprogramm von 2016 (PDF – archive.org ) enthält Forderungen, die Personen wegen ihrer Herkunft benachteiligen und ausschließen.

Tatsächlich will die Partei Frauen in traditionelle Rollen zurückdrängen, Gleichstellungspolitik beenden und Geschlechterforschung die Förderung entziehen. Frauen sollen wieder mehr Kinder bekommen, sie vorrangig zuhause erziehen und dafür weniger arbeiten gehen. In der Familie verlangt die AfD also eine, vielleicht etwas harmlos ausgedrückt, „traditionelle“ Aufgabenverteilung.

Zudem gilt für die AfD als „Familie“ nur die Partnerschaft zwischen Mann und Frau, aus der Kinder hervorgehen. Was also alle Partnerschaften, die nicht heterosexuell sind, ausschließt. AfD-Mitglieder haben sich wiederholt homosexuellen-feindlich geäußert.  Aber auch Alleinerziehende und Patchwork-Familien gelten für sie damit als nicht-vollwertige Familien.

Eine solche Partei, die AfD sitzt bereits in den, also in unseren Parlamenten!

Eine Partei, die vom Verfassungsschutz überwacht wird und gerne als „politischer Arm des Rechtsterrorismus“ bezeichnet wird, hat Einfluss auf Kulturausschüsse und genießt schon jetzt entsprechende Abgeordnetenrechte. In den Parlamenten stellen Abgeordnete* dieser Partei rassistische Fragen, wie nach dem Anteil „deutscher Mitarbeiter“ oder „Migrationshintergründen“ in Institutionen und beantragen die Streichung von Fördergeldern in Kulturausschüssen. Sie verwenden Kultur, um Diskurse zu dominieren und Debatten zu verschieben. Sie provozieren absichtlich Kontroversen und fordern demokratische Normen heraus. Ihr Ziel ist es, die politische Diskussion zu radikalisieren und gesellschaftliche Diskurse unwiederbringlich zu verändern.

Im Vergleich dazu sollte man sich vor Augen halten, dass aktuell zum Beispiel im Berliner Senat eine sogenannte „Antisemitismusklausel“ eingeführt werden sollte. Eine Idee, kein Geld mehr an Künstler*, an Kulturschaffende, an Vereine zu zahlen, die sich nicht eindeutig gegen Antisemitismus bekennen. Es dürfe keinen „Kulturrabatt“ bei Judenhass geben, sagte der Berliner Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt im Senat Wegner, Joe Chialo neulich, der diese Regel kurzfristig eingeführt hatte, nach Protesten allerdings wieder zurückruderte. 

Welche Rolle hat Kunst in unserer Gesellschaft und was bedeutet Kunstfreiheit für die Demokratie?

Wir sprechen über die Sorgen, die Verantwortung von Kunst- und Filmschaffenden und die Gefahr für Kunst und Kultur, wenn die rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parteien an die Macht kommen würden. Welche Rolle hat aber die Kunst überhaupt in unserer Gesellschaft und was bedeutet Kunstfreiheit für die Demokratie?

Wem deren Bedeutung noch nicht klar ist, sollte sich hierbei vor Augen halten: Die Kraft der Kunst ist gerade auch im politischen Zusammenhang nicht zu unterschätzen. Denn Kunst hat die Kraft, die Demokratie zu stärken und zu verteidigen. Wenn Künstler* ihre Stimme erheben und sich gegen Unterdrückung, Zensur und Missachtung der Menschenrechte aussprechen, können sie dazu beitragen, demokratische Werte zu fördern und autoritären Tendenzen entgegenzuwirken. Kunst kann eine Plattform für Widerstand, Solidarität und soziale Gerechtigkeit sein und damit einen wichtigen Beitrag zur demokratischen Entwicklung einer Gesellschaft leisten.

Darüber hinaus trägt Kunst auch zur kulturellen Bildung und Identitätsbildung bei. Indem sie Geschichten erzählen, Traditionen aufgreifen und kulturelle Vielfalt feiern, können nicht nur Filme, sondern Kunstwerke jeder Art dazu beitragen, das Verständnis und die Wertschätzung für unterschiedliche Lebensweisen und Weltanschauungen zu fördern. Kunst kann einen Raum schaffen, in dem Menschen sich ausdrücken, reflektieren und miteinander in Dialog treten können – eine ganz wichtige Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie.

Künstler* können als kreative Impulsgeber* und gesellschaftliche Kritiker* fungieren, die dazu beitragen, die Demokratie lebendig und vital zu halten. Es ist deshalb wichtig, die Kunst zu schützen, zu fördern und zu unterstützen, um eine lebendige und pluralistische Demokratie zu erhalten.

Kunstfreiheit ist Meinungsfreiheit und ein grundlegendes Menschenrecht

Bevor wir darauf eingehen, inwiefern Kunst durch die rechtspopulistische Entwicklung gefährdet ist, wollen wir noch fragen, was Kunstfreiheit überhaupt für die Demokratie bedeutet. In der Bedeutung der Kunstfreiheit und der Bedeutung der Rolle der Kunst werden dabei einige Überschneidungen zu finden sein.

Kunstfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht, das die kreative Freiheit von Künstlern* schützt und ihnen ermöglicht, frei über Themen und Ausdrucksformen zu entscheiden. Doch Kunstfreiheit ist nicht nur ein individuelles Recht, sondern auch von entscheidender Bedeutung für die Demokratie als Ganzes, indem sie, allgemein gesprochen, alternative Perspektiven aufzeigt, gesellschaftliche Missstände aufdeckt und zur kritischen Auseinandersetzung mit aktuellen Themen anregt. Kunst ist ein bedeutendes Mittel zur Meinungsbildung und -äußerung. Durch ihre Darstellungen und Interpretationen von gesellschaftlichen Realitäten können Künstler* dazu beitragen, den öffentlichen Diskurs zu bereichern und verschiedene Standpunkte sichtbar zu machen. Kunstwerke können emotionale Reaktionen hervorrufen, zum Nachdenken anregen, Brücken zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen bauen und, wie gesagt, auch Debatten über kontroverse Themen anstoßen. In einer freien Gesellschaft, so wie wir in einer leben, ist es wichtig, dass Kunstschaffende das Recht haben, ihre Meinungen und Ideen ohne Einschränkungen zum Ausdruck zu bringen. Aber auch Kunstfreiheit hat ihre Grenzen. In dem Moment, in dem sie, wie schon im Fall Roger Waters beschrieben, „mit anderen Grundrechten kollidiert, etwa die Menschenwürde verletzt, körperliche Unversehrtheit bedroht oder Persönlichkeitsrechte berührt werden.“

Kunstfreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil der Meinungsfreiheit

Kunstfreiheit ist nicht nur ein grundlegendes Menschenrecht, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil der Meinungsfreiheit und der kulturellen Vielfalt. Wenn Künstler* zensiert oder in irgendeiner Form eingeschüchtert werden, können alternative Perspektiven unterdrückt- und kreative Ausdrucksformen behindert werden. Das kann im schlimmsten Fall zu einer Verarmung des kulturellen Lebens führen und die demokratische Meinungsbildung beeinträchtigen. In einer pluralistischen Gesellschaft, in einer Gesellschaft also, in der verschiedenste Interessen und Lebensstile nebeneinander existieren (dürfen und sollen), ist es wichtig, dass verschiedene Stimmen gehört und respektiert werden und dass Kunst als Ausdruck von Vielfalt und Freiheit geschätzt wird.

Ohne Kunstfreiheit würde daher ein grundlegendes Element einer lebendigen Demokratie fehlen. Sie ermöglicht es Künstlern*, unabhängig und kritisch zu arbeiten, gesellschaftliche Entwicklungen zu reflektieren und innovative Ausdrucksformen zu entwickeln. Es liegt daher in unserer Verantwortung, die Kunstfreiheit zu schützen und zu verteidigen und sich gegen Zensur und Einschränkungen der Meinungsfreiheit zu engagieren. Denn, um noch einmal kurz Düzen Tekkal zu bemühen: „Auch Schweigen ist politisch!“  Unsere (noch) freie Gesellschaft, unsere Demokratie braucht die Unterstützung von Kunstschaffenden, die sich gegen autoritäre Strukturen und Diskriminierung stellen. Und es braucht auch die Stimmen aller anderen, ob bei Wahlen oder durch sonstige Engagements, um wiederum unsere demokratische Freiheit, unsere Kunst- und Kulturschaffenden und letzten Endes unsere Kultur zu schützen.

Durch den Austausch und die Vernetzung von Kulturschaffenden zum Beispiel, kann eine gemeinsame Front gegen rechtspopulistische Tendenzen gebildet werden, um die Freiheit der Kunst zu verteidigen und die Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen zu bewahren.

Ein Beispiel ist das Projekt “Unruhe stiften”, www.unruhestiften.de (http), mit dem, laut eigener Worte ein breites Netzwerk und eine interessante Kontaktliste linker Kulturschaffender in Deutschland entsteht. Künstler und Künstlerinnen, die diesen Aufruf unterstützen, stehen für linke Inhalte – und für die Stiftung von Unruhe. Sie unterstützen in ihrem Umfeld Bewegungen, Aktionen und Veranstaltungen zu den Inhalten des Aufrufes.

Sie erklären, es sei „ein Aufruf gegen Rechts, gegen die Abwälzung der Krisenfolgen und für die Umverteilung von oben nach unten, gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung – und für die Förderung der kulturellen Vielfalt.“

Die Gefahren des Einflusses der rechtpopulistischen Tendenzen für die Kunstszene

Was würde ein Ende der Demokratie für Kunst und Kultur bedeuten?

Im vorherigen Abschnitt sind bereits Begriffe gefallen wie Diskriminierung, Zensur, Einschüchterung oder Einschränkung der Meinungsfreiheit. Genau das sind Beispiele für Folgen, die im Zusammenhang mit dem Erstarken rechter Ränder in den Parlamenten auftreten und einen erheblichen Einfluss auf die Kunstszene haben können. Denn Rechtspopulisten und autoritäre Strömungen neigen dazu, Spaltungen und Feindbilder zu schüren, was wiederum Hass und Intoleranz fördert, und die künstlerische Freiheit zu beschränken, zu zensieren oder Künstler*, die sich kritisch mit politischen oder gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen zu diffamieren. Es sei denn natürlich, sie gehen konform mit den Werten der Parteien (siehe oben bei Positionen der AfD). Wenn nicht, führt das zu einem Klima der Einschüchterung bis hin zu einer möglichen Selbstzensur unter Kunstschaffenden, da sie befürchten müssen, Repressalien oder Anfeindungen ausgesetzt zu sein.

Außerdem können rechte Parteien und Politiker* versuchen – und das ist ein nicht zu verachtender Punkt – die Kulturförderung (finanzielle Mittel) zu kürzen oder umzuleiten, um bestimmte künstlerische Ausdrucksformen zu unterdrücken und ihre eigenen konservativen Werte in den Vordergrund zu rücken. Das kann kritische Stimmen zum Schweigen bringen und eine homogenisierte, also einheitliche Kunstszene entstehen lassen, die sich den Vorgaben der politischen Eliten unterwirft. Denn, die Kunstszene ist nicht zuletzt auch finanziell vom politischen Klima, beziehungsweise von denen, die politisch das Sagen haben, abhängig.

Das Erstarken rechter Ränder in den Parlamenten kann auch zu einem gesellschaftlichen Klima der Intoleranz und des Rassismus führen. Künstler*, die sich im Allgemeinen für Vielfalt, Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit engagieren, sehen sich möglicherweise verstärkten Anfeindungen und Hasskommentaren ausgesetzt, die ihre Arbeit erschweren sollen. Andererseits könnten (und werden?) Künstler* sich dann wiederum motiviert fühlen, durch ihre Werke zu provozieren und auf genau diese Missstände aufmerksam zu machen?

Es ist auf jeden Fall wichtig, dass sich Kunstschaffende und natürlich genauso auch Nicht-Kunstschaffende gegen solche autoritären Strukturen und rechte Ideologien stellen und für eine offene, pluralistische und demokratische Gesellschaft eintreten, in der Kunst als ein Motor für gesellschaftliche Veränderung und kreative Innovation geschätzt und vor allem geschützt wird.

„Die Kunst, viele zu bleiben!“

Eine Organisation „für Kunst-orientierte Förderung, kollegiale Partner*innenschaft und kulturpolitische Vermittlung“ ist der Fonds Darstellende Künste:

Laut seiner Website „fördert der Fonds Darstellende Künste seit über 30 Jahren als einer der sechs Bundeskulturförderfonds die Kunst- und Kulturlandschaft der Bundesrepublik mit besonderem Schwerpunkt auf die Beförderung der Freien Darstellenden Künste.

Und weiter: „In Zusammenarbeit mit bundesweit wie international agierenden Einrichtungen der Theaterszene sowie dem Goethe-Institut eröffnet der Fonds Darstellende Künste zwischen Mai und August 2024 mit der Veranstaltungsreihe „DIE KUNST, VIELE ZU BLEIBEN“ neue Dialog- und Begegnungsräume rund um Themen von Kunst, Freiheit und Demokratie. Internationale Gastspiele, Workshops und Paneldiskussionen ermöglichen in Zusammenarbeit mit Theatern, Festivals und Freien Produktionshäusern an neun Stationen im Bundesgebiet Foren des Austauschs, Dialogs und der Begegnung unter dem Eindruck erstarkender rechter Ränder in den Parlamenten und ihrem Einfluss auf die Kunstszene. Von Berlin aus geht die Reise nach Leipzig und weiter über Düsseldorf, Bitterfeld-Wolfen, Potsdam, Erfurt und Weimar bis nach Dresden […] mit Kunst, Aktion und Debatte […] Überall hält der mobile Theater-Truck und wird Plattform, Diskursraum, Kino und Schauplatz. Dabei verbindet er Theater, Festivals und Freie Produktionsorte dieser und zahlreicher weiterer Städte im In- und Ausland. Panels, Impulse, Workshops, internationale Performances und vielfältige Zusammenkünfte laden zu Debatten über Kunst, Freiheit und Demokratie ein, um aktuelle Herausforderungen auszuloten, Widersprüche auszuhalten und sich im vielstimmigen Austausch der wohl drängendsten Aufgabe der Gegenwart zu stellen: Der Kunst, Viele zu bleiben. Jede*r für sich – und gemeinsam in Heterogenität, Pluralismus und Akzeptanz unserer vielfältigen Gesellschaft.“ (Quelle: https://www.fonds-daku.de/)

Die Termine und Stationen der gesamten Tour, können Sie hier finden:

https://www.fonds-daku.de/events-und-diskurs/

Mit Kunst gegen Rechts

Auch der SWR-Kultur zum Beispiel beschäftigte sich mit dem Thema und stellt in einem Artikel mit dem Titel Kunst gegen Rechts sechs Projekte vor, in denen gezeigt wird, wie Kunstschaffende auf gesellschaftliche Probleme, „im Fahrwasser des grassierenden Rechtsdrucks“ reagieren, bzw., sich mit ihnen auseinandersetzen:

Zum einen Paula Markert, deren Fotoarbeiten zur Mordserie des NSU derzeit, noch bis 16. Juni 2024, im Stadthaus Ulm zu sehen sind.

Und diese fünf weiteren Beispiele zu künstlerischen Projekten über Rechtsextremismus in Deutschland:

Mögen ihre Stimmen immer lauter werden und dazu beitragen, eine Welt zu schaffen, in der Antisemitismus keinen Platz mehr hat.

Bleiben oder werden auch Sie laut!

Vielen Dank!

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