kmkb - Medienwelt im Wandel - Welche Zukunft hat die Verlagsbranche - Journalisten und Ihre neuen Aufgaben

Welche Zukunft hat die Verlagsbranche? – Berufswelt im Wandel

25/10/2022

„Die Zukunft kann alles bringen, alles ist möglich.“ – Sinje Krieger-Pflaume, Journalistin und Autorin

Das Leben bedeutet stetige Veränderung – ob es uns gefällt oder nicht.

Alles ist im Wandel, jeden Tag. Wir lassen das Gestern hinter uns. In jedem Augenblick. Gestalten neu. Unser Leben. Bewusst oder unbewusst.

Wir wechseln Standorte, Freunde, Jobs. Unsere Stimmung, unsere Gefühle, manchmal unser Gesicht. Wir wechseln unseren Lebensstil, unsere Meinung. Selbst Eigenschaften, Gesetzmäßigkeiten, Strukturen und Gewohnheiten, unterliegen dem Prozess der Wandlung und Erneuerung. Früher oder später. Alles, ob beglückend oder erschreckend, ist in Transformation. Zu jeder Stunde, jeder Minute, jeder Sekunde.

Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel, so die Worte des Gelehrten Charles Darwin, die für jede Epoche gleichermaßen gelten. Und das aus gutem Grund: damit Entwicklung stattfindet. Manchen macht Veränderung Angst. Nämlich dann, wenn große Entscheidungen anstehen, denen wir eine Bedeutung beimessen. Dabei treffen wir sie jeden Tag, ohne dass wir uns dessen gewahr sind.

Mut bedeutet nicht, ohne Angst zu sein, sondern sie zu erkennen, anzunehmen und trotzdem neue Wege zu wagen. Mut setzt Energien frei, die Türen öffnen. Selbst wenn mal ein Projekt misslingt, ist das kein Scheitern. Im Gegenteil. Es bedeutet Wachstum. Und das Credo sollte sein: Aufstehen, lernen, weitergehen. Beim nächsten Mal wird es gelingen. Etwas zu riskieren, schafft neue Blickwinkel und ermöglicht Erfahrungen. Mit dem Wandel zu schwingen, im Fluss zu sein, dem Leben zu vertrauen, dass alles einem höheren Sinn folgt, schafft Freiheit. Auf diese Weise lösen sich viele Dinge ganz von selbst. Und vielleicht erkennen wir dann, dass das Neue gut ist, vielleicht sogar Glück hervorgebracht hat und die Angst nur im Kopf bestand.

Ohne Misserfolg kein nachhaltiger Erfolg – ein Interview

Im Rahmen eines Gastbeitrags zu unserer Reihe „Berufswelt im Wandel“ haben wir der Journalistin und Autorin Sinje Krieger-Pflaume fünf Fragen gestellt, die sie uns schriftlich beantwortet hat.

Warum war Steve Jobs so erfolgreich? Nicht, weil er alles richtig gemacht hat. Vielmehr, weil er eine Vision hatte, ein Ziel, für das er brannte. Auch er hatte Misserfolge hinzunehmen. Aber was ihn von den meisten Menschen unterscheidet: Er hatte den unbedingten Willen, diese Idee zu realisieren. Und hat nie aufgehört, an sich und die Sache zu glauben.

Wandel bedeutet, ausgetretene Pfade zu verlassen, die Komfortzone aufzugeben, Herausforderungen anzunehmen. Stellen wir uns neuen Situationen nicht, verlernen wir, zu handeln. Dann wird die kleinste Veränderung eines Tages zur Katastrophe.

kmkb:

Kam dein Wandel von außen oder innen?

Sinje Krieger-Pflaume:

Ich habe viele „Umwege“ gemacht im Leben, weil meine Neugier sehr lange Arme hatte. Ein gerader Berufsweg fühlte sich für mich nicht richtig an. Ich wollte über den Horizont schauen und die Wahl haben. Das Leben ist zu bunt, um nur schwarz-weiß zu sehen. Es ist ein Abenteuer. Mir war sehr wohl bewusst, dass ich auf diese Weise keine Karriereleiter emporsteigen würde, aber ich hatte meine Prioritäten gesetzt: Ausprobieren. Spontan bleiben. Lernen. Die Welt ist groß, vielseitig, spannend – ich wollte sie erleben. Auch beruflich. Und ich wusste: ich bin immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Auch wenn ich es nicht unbedingt im selben Moment sehen konnte… Das Leben folgt einer eigenen Gesetzmäßigkeit, die in sich stimmig und harmonisch ist. Und ich vertraue, dass ich darin aufgehoben bin.

kmkb:

Woher kommt die Motivation, dich immer wieder Neuem zu stellen?

Sinje Krieger-Pflaume:

Meine Haltung war zu jeder Zeit, mich weiterzuentwickeln. Durch Stillstand verliert das Leben seine Spannung. Nur die Wellen eines Ozeans geben ihm Bewegung. Es waren stets Eingebungen, Neues auf meinem Weg anzunehmen. Ich habe diese Chancen ergriffen. Ich folge meinem Herzen und vertraue meiner inneren Stimme. Dieser Gleichklang trägt mich durch mein Leben. Denn ich bin überzeugt, dass nichts ohne Grund geschieht. Deshalb schaue ich genau hin, wenn Möglichkeiten sich ergeben. Halte ich an Gewohntem fest, nur weil es mir geglaubte Sicherheit verspricht, schließe ich nicht nur das Unbekannte aus, das vielleicht Angst macht, sondern auch das Glück und die Wunder, die das Leben mit Musik füllen. Das gilt ebenso für das vermeintlich Schlechte, das ich fernhalten möchte – das Gute findet mich somit auch nicht mehr, denn verschlossene Türen unterscheiden nicht, welche Erfahrung um Eintritt bittet.

kmkb:

Der Druck in der Verlagslandschaft hat rasant zugenommen.

Sinje Krieger-Pflaume:

Schneller, besser, weiter. Die Konkurrenz ist enorm. Die Digitalisierung hat Verlage im Printbereich in eine schwierige Situation katapultiert. Um weiterhin zu bestehen, werden Einsparungen vorgenommen bei zeitgleich höheren Anforderungen an Mitarbeiter. Wir sind konditionierte Arbeitstiere, haben akzeptiert, in derselben Zeit wie vor fünf oder zehn Jahren heute das Dreifache zu leisten. Zeit kann sich nicht verändern. Wir bekommen nicht irgendwann mehr davon. Die Erwartungen der Arbeitgeber hingegen steigen. Journalisten übernehmen Funktionen als Social Media Redakteur, Projektleiter, SEO- und Content-Manager, Print- und Online-Texter in einer Person – fünf Aufgabenbereiche zum Gehalt von einem. Drei sind heutzutage Minimum. Das betrifft viele Branchen. Leider zählt in den meisten Betrieben nur noch der monetäre Aspekt. Nicht der Mensch. Doch damit geht auch die Vision eines Unternehmens verloren. Ideale und Werte werden nicht mehr gelebt. Das macht sich langfristig bemerkbar.

Arbeitgeber, die nur fordern, aber nicht fördern – und nicht begreifen – befinden sich auf einem sinkenden Schiff. Denn gute Mitarbeiter, die in einer Zitronenpresse sitzen, verlassen früher oder später die Dschunke, weil ihnen ihre Leistung sehr wohl bewusst ist. Besetzt wird der Posten dann meist mit jungen Mitarbeitern zu einem geringeren Gehalt, aber auch mit weniger Erfahrung und Know-How, die Fluktuation steigt. Das Ergebnis: mindere Qualität, Vertrauensverlust bei Kunden, negative Reputation.

Wer meint, er müsse sich in dieses ausbeuterische Korsett zwängen, um überhaupt eine Chance auf Karriere zu haben oder den Job nicht zu verlieren, der irrt. Vielmehr liegt es an jedem selbst, Haltung zu zeigen, für seine Leistung eine Wertschätzung einzufordern, Rückgrat zu beweisen und Grenzen zu setzen, sonst zieht das Joch weitere Kreise. Das hat mit Selbstachtung zu tun. Andernfalls besteht ein Risiko, sich irgendwann zu verlieren. Dann leidet die Motivation, die Arbeit, die Gesundheit. Und der Kreislauf hat begonnen… Warum gibt es heute mehr Burn Outs denn je? Depressionen? Rückenprobleme? Herzleiden? Warum nehmen Krankmeldungen drastisch zu? Weil Menschen überfordert sind und die Freude an ihrer Arbeit verloren haben. Zu allem Überfluss suchen viele die Verantwortung bei sich und glauben, sie seien den Aufgaben nicht gewachsen. Dabei krankt das System.

Motivation, Enthusiasmus und Engagement gehen so mehr und mehr verloren. Wie auch durch die Digitalisierung. Ein weiterer Punkt, der große Veränderungen mit sich gebracht hat, nicht alle unbedingt zum Guten. Das Leben wird bevorzugt per Knopfdruck erledigt. Eigeninitiative, Ideenfindung, Lösungsansätze? Fehlanzeige. Wer setzt sich denn noch mit einem Thema oder sich selbst wirklich auseinander? Läuft das Leben nicht rund, fragen wir eher in der Apotheke nach einem geeigneten Mittel als uns selbst, warum wir nicht im Fluss sind. Das ist natürlich etwas unbequem und dauert auch seine Zeit. Wer hat die schon? Nur wundern darf man sich dann nicht, dass das Problem bleibt.

Auch unsere Sprache verändert sich, Schönheit und Vielfalt der Worte gehen verloren. Wir kommunizieren mit Emojis, verkürzten Begriffen, halben Sätzen. Über WhatsApp, SMS, Facebook & Co. Kaum jemand schreibt noch von Hand Briefe oder Karten, formuliert individuell und drückt damit dem Empfänger gegenüber seine Aufmerksamkeit aus. Das Vokabular reduziert sich, wird oberflächlicher. Denkfaulheit und Ausdrucksminimalismus sind en vogue. Dabei kommt uns die Kreativität abhanden, das Gehirn wird unterfordert, wir machen es uns bequem.

kmkb:

Wohin entwickelt sich deiner Meinung nach die Verlagslandschaft?

Sinje Krieger-Pflaume:

Wir leben in einer akzelerierten Zeit, in der tägliches Neues entsteht. Das ist gut einerseits, denn so funktioniert Evolution. Andererseits verhindert das Tempo der Entwicklung manchmal auch, sich in Ruhe einzulassen, durchzuatmen, anzukommen. Jeder Mensch setzt seine Prioritäten anders. Wer Frieden in seinem Innern finden und den Augenblick leben will, muss ab und zu eben auch mal einen Zug abfahren lassen. Es kommt nicht darauf an, immer vorne mitzulaufen, sondern seinen eigenen Rhythmus zu finden. Ein Gleichgewicht, das einem guttut. Wer in Harmonie mit den Elementen ist, kommt schneller an als jene, die getrieben losrennen, aber nach der Hälfte der Strecke atemlos sind.

Die Zukunft kann alles bringen, denn alles ist möglich. Entweder bewegen wir uns auf eine Entwicklung zu, in der nur noch in Form von Snippets miteinander kommuniziert wird, Druck und Oberflächlichkeit noch weiter zunehmen. Oder die Menschen suchen wieder nach mehr Emotionalität, Verbindung, Werten. Und sehnen sich danach, eine Zeitung in den Händen zu halten, im Café zu sitzen und einfach nur zu lesen. Ich fürchte jedoch, Digitalisierung und Unpersönlichkeit haben ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Es braucht vielleicht noch eine Weile bis das Gros der Bevölkerung das Wesentliche wieder im Einfachen sucht – in der Natur zum Beispiel. Oder im Erleben von gemeinsamen Momenten.

kmkb:

Welche Ausbildungsstätten sind zu empfehlen?

Sinje Krieger-Pflaume:

Da gibt es sicher sehr differenzierte Vorstellungen oder auch Erwartungen. In der Regel sind kleinere Lehranstalten persönlicher und praktischer orientiert wie zum Beispiel die Akademie Dr. Hoffacker in München. Unterschiedliche Projekte fördern die Kreativität. Dort werden die Studenten rausgeschickt auf die Straße, um Videos zu drehen, Interviews zu führen, Geschichten zu schreiben, Ideen zu entwickeln. Und sie realisieren in Gruppen Auftragsarbeiten. Das kann eine Image-Kampagne für eine Stiftung sein oder eine Presse-Konferenz für eine Institution. Die Ausbilder sind alle noch im Berufsleben und aktiv, arbeiten journalistisch, drehen Filme etc. An Fachhochschulen oder Universitäten ist das meistens nicht der Fall. Die Studiengänge sind theoretischer, oftmals nicht so breit gefächert. Dadurch fehlt die direkte Erfahrung. Letztendlich ist aber auch entscheidend, wie aufgehoben sich jemand an einer Uni, Schule oder Akademie fühlt, ob er dort gefördert und gesehen wird, eine Verbindung zu den Dozenten und Vertrauen entwickeln kann. Daher ist in jedem Fall ratsam, sich ein Bild von der Ausbildungsstätte zu machen, Gespräche zu führen, die Räumlichkeiten kennenzulernen, die Atmosphäre wahrzunehmen, bevor man sich entscheidet. Denn das Wohlbefinden spielt eine große Rolle dabei, wie motiviert ein Student lernt. Ist die Zeit von Freude getragen, ist auch das Engagement groß.

kmkb:

Wir danken dir für deinen Beitrag zum Thema.

Lust auf mehr?

Dann ist unser Newsletter das Richtige für Sie.

Melden Sie sich an und empfangen Sie zweiwöchentlich unseren Newsletter zu den Themen Kunst, Kultur, Medien und Design, sowie den kulturellen und wirtschaftlichen Aspekten der Kreativwirtschaft. Zudem informieren wir Sie über Neuigkeiten von kmkb als Netzwerk & Beratung für Künstler* und Kreative.

Ich stimmme den Datenschutzbestimmungen zu. Ihre E-Mail Adresse wird nur zum Versand unseres Newsletters und aktuellen Informationen über unsere Aktivitäten genutzt. Sie können jederzeit Ihre Zustimmung zurückziehen. Senden Sie uns eine E-Mail an info@kmkb.de oder nutzen unser Kontakt-Formular.
=