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Digitales Selbst – Wer ist das?

17/07/2022

Eine reale Person weist sich durch ihren Personalausweis aus

Im letzten Jahrhundert hat der Mensch viel über sein soziales Sein und seine Individualität erfahren. Wir wissen, die Identität einer Person ist einmalig und unverwechselbar. Mittlerweise optimieren wir unsere Person nicht mehr nur, wir designen sie. Wir metaphantasieren uns. Der Perspektivwechsel ist lang genug geübt. Die vielen Trainingsstunden, die wir mit unserer Person geleistet haben, haben zwar unseren Fingerabdruck nicht verändert, aber das Wissen um unsere Vielschichtigkeit.

Eine reale Person weist sich durch ihren Personalausweis aus. Diese Person vertritt ihre digitale Identität in der virtuellen Welt. Benutzername, Passwort und PIN-Code sind gängige Methoden, auf die eine reale Person Einfluss hat. Komplexer wird es, wenn die digitale Identität von Inhalten gesteuert wird, die in der Online-Welt der Person zugeordnet werden können – unabhängig davon, ob diese von der Person selbst oder von anderen verbreitet werden. Dies schafft einen neuen sozialen Raum, der persönliche Identitäten beeinflusst.

Wem gehört das digitale Selbst?

generated.photos bietet neben künstlich generierten Photos auch einen Anonymisierungsdienst (Anonymizer) auf Basis der eigenen biometrischen Daten an. Für den Fall, dass man sich in den Sozialen Medien “sicher” bewegen möchte, kann man sich so hinter einer Fake-Identität verbergen. Auf KI-Basis generierte Photos oder Avatare sind eine Form, die eigene digitale Identität abzubilden.

Im Alltag denken die meisten Menschen nur selten darüber nach. Das Entschwinden des Selbst hat ja auch etwas für sich. Sich abgeben, einer höheren Instanz, keine Verantwortung tragen, Kind sein, sich versorgt wissen. Die Hingabe, oder nennen wir es Weggabe, soll natürlich möglichst nicht schmerzen. Schmerzt sie doch, setzen gewöhnlich Warnsignale ein. Etwas, das in der Magengegend sitzt, sich körperlich zeigt und uns im besten Fall auffordert, zu handeln, um etwas zu verändern. Ein Erkenntnisprozess setzt ein, der uns reifen lässt. Dies nennen wir heute Persönlichkeitsentwicklung, die in drei Phasen stattfindet: erkennen, annehmen, verändern.

Das digitale Selbst ist körperlos, kennt weder Schmerz noch Leid, ist also außer Stande, ein Warnsignal zu senden und zu empfangen.  Schließlich spürt der Mensch es nicht, wenn sein digitales Ich in Daten zerlegt und in Modelle der Verhaltensanalyse zusammengesetzt wird, mit dem Ziel, privatwirtschaftliche Interessen zu bedienen. Dabei werden sinnlich-vitale wie produktive Bedürfnisse des Menschen erkannt und gestillt. Das digitale Selbst wird zum Dealer und ermöglicht dem realen Sein ein Pseudowohlgefühl, gesteuert durch das Belohnungszentrum im Gehirn. Ein süchtiger Mensch ist nicht bei sich, wie wir wissen. Umgangssprachlich gesagt: „Er* ist nicht Herr/Frau seiner Sinne“, also auch nicht im Besitz seines Selbst?

Erlangen Sie die Kontrolle über Ihr digitales Selbst

Am Anfang kann eine digitale Entwöhngskur helfen

Um Kontrolle über sein* digitales Selbst zu behalten oder wieder zu erlangen, helfen digitale Entwöhnungskuren auch „Digital Detox“ genannt. Dies mag sicherlich im Hier und Jetzt dafür sorgen, wieder besser schlafen zu können und ist gesundheitsfördern, führt aber nicht ins selbstbestimmte digitale Selbst.

Ein weiterer Schritt kann das digitale Aufräumen sein

Was in der analogen Welt gilt, gilt auch fürs digitale Leben. Die japanische Ordnungsberaterin Marie Kondo, die allseits bekannt ist, hat es mit ihrer Konmari-Methode zu „Weltruhm“ gebracht – Schmeiß weg, was dir keine Freude bereitet und entscheide dich schnell. Nebenbei: die Fähigkeit sich zu entscheiden, führt zu mehr Selbstbestimmung.

Mehr Überblick mit der Saferinternet-Methode


Eine Methode, die zu mehr Überblick im digitalen Leben führt, nennt sich Saferinternet.at-Methode.

  1. Apps ausmisten
    Der erste Schritt ist wahrscheinlich der einfachste. Alle Apps, die nicht mehr verwendet werden oder einem unbekannt sind, können gelöscht werden. Die Apps, die das Handy zum Funktionieren braucht, lassen sich sowieso nicht einfach entfernen. Apps, die Zugriffsberechtigungen benötigen, die über die eigentliche Nutzungszweck hinausgehen (braucht eine Taschenlampe wirklich Zugriff auf unsere Standortdaten?) oder die wir für unseriös halten, können verschwinden. Es gibt für fast alles eine gute Alternative, auch wenn diese manchmal einen kleinen Betrag anstelle unserer Daten kosten kann.
  2. Anzahl der Konten reduzieren
    Wissen Sie noch, bei welchen sozialen Netzwerken Sie abonniert sind? Verschaffen Sie sich einen Überblick und löschen Sie alle Accounts und Zugänge, die Sie nicht mehr nutzen. Einmal bei Facebook angemeldet bedeutet nicht, dass Sie für immer dabei bleiben müssen.
  3. Sichten Sie die Inhalte
    Nicht alles, was Sie irgendwann einmal gepostet, geliked, getaggt, geteilt, kommentiert oder anderweitig online veröffentlicht haben, ist etwas, auf das Sie im Hier und Jetzt stolz sind. Persönliche Einstellungen oder Wertevorstellungen ändern sich im Laufe der Zeit, idealerweise auch online. Löschen Sie also alte Posts, Fotos und Interaktionen und fragen Sie sich, welches digitale Bild Sie vermitteln möchten.
  4. Freunde aussortieren
    Klingt radikal, ist es aber nicht: Wie im wahren Leben lohnt es sich, Freundschaften in der Online-Welt regelmäßig zu hinterfragen. Weiß man überhaupt, wer hinter einem Konto steckt? Siehst du dich auch ab und zu im Offline-Leben? Oder gibt es mit diesen Leuten zumindest ab und zu einen digitalen Austausch? Und: Sind diese Kontakte wirklich gut für dich? Nein? Warum sind sie dann noch Freunde? Genau – los!
  5. Gruppen hinterfragen
    Mit der Zeit sammeln sich auch in sozialen Netzwerken viele unnötige Dinge in Gruppen an. „Utes Geburtstag November 2017“ „Junggesellenabschied Paul“ „Arbeitsgemeinschaft Medienrecht“? Nichts anderes wird benötigt! Gerade bei Messenger-Diensten wie WhatsApp sorgt eine unüberschaubare Anzahl an Gruppen vor allem für eines: Stress und Chaos. Auf Facebook oder anderen Plattformen kann die Mitgliedschaft in verschiedenen Gruppen auch ein schiefes Licht auf die eigene Person werfen oder einfach zu viel über die eigenen privaten Interessen preisgeben. Fragen Sie sich: Welche Gruppe benutze ich wirklich, oder ist sie nur ein Relikt der Vergangenheit? Und: Will ich, dass andere mich so sehen?
  6. Prüfen Sie Ihre Privatsphären-Einstellung
    Haben Sie schon gründlich überlegt, welche Anwendungen Sie behalten wollen und welche Sie getrost links liegen lassen können? Gut so! Jetzt empfiehlt es sich, Ihre Privatsphäreneinstellungen zu überprüfen – denn nicht nur Ihre persönlichen Prioritäten, sondern auch die Optionen in den Anwendungen ändern sich häufig. Änderungen werden User*innen oft nicht oder nur versteckt mitgeteilt.
  7. Kontosicherheit überprüfen
    Ihre Apps und die damit verbundenen Informationen sind Ihnen wichtig? Achten Sie also auf sichere Passwörter und richten Sie wo immer möglich eine Zwei-Faktor-Authentifizierung ein. Wählen Sie außerdem verschiedene Passwörter und verwenden Sie nicht nur ein Universalpasswort.
  8. Achten Sie auf Ihr Online-Image
    Na gut, wir reden immer nur über Apps und soziale Netzwerke. Aber auch darüber hinaus sammeln sich im Internet schnell Daten über Sie an. Kennen Sie z. B. Welche Daten Google über Sie hat? Oder auf welchen anderen Webseiten Sie sich zeigen? Geben Sie Ihren eigenen Namen in eine Suchmaschine ein (“Vor- und Nachname”) und prüfen Sie die Ergebnisse. Werden veraltete oder unangemessene Inhalte oder Fotos angezeigt? Bitten Sie den Seitenbetreiber* um die Entfernung oder entfernen Sie den Inhalt nach Möglichkeit selbst. Stellen Sie eine Google-Benachrichtigung ein, um automatisch über neue Inhalte mit Ihrem Namen benachrichtigt zu werden. Wenden Sie sich bei Problemen an den Internet-Ombudsmann und setzen Sie sich zu Wehr.
  9. Umgang mit dem „digitalen Erbe“
    Wir verstehen: Niemand will sich darum kümmern, was nach seinem Tod mit seinem Vermögen passiert. Es ist jedoch ratsam, auch digitales Erbe (Daten, die im Internet verfügbar sind bzw. in sozialen Netzwerken kursieren) rechtzeitig zu regeln. Für die Hinterbliebenen stellen die hinterlassenen Konten usw. neben dem Schmerz eine große Herausforderung dar, Grund genug, aktiv Vorkehrungen zu treffen und vor allem selbst zu entscheiden, was mit den eigenen Daten geschieht. Immer mehr Online-Dienste bieten auch im Todesfall standardisierte Lösungen an: Die ISPA-Broschüre „Digitaler Nachlass“ gibt einen Überblick.
  10. Backups erstellen
    Die japanische Ordnungsexpertin mag uns zwar nicht nur in diesem Punkt zustimmen, aber dennoch: Wenn Ihr digitales Leben wieder halbwegs aufgeräumt ist, ist es an der Zeit, Datensicherheit herzustellen! Beugen Sie Datenverlusten vor, indem Sie regelmäßig Backups erstellen, d. h. die Daten auf einen zweiten Speicherort kopieren, idealerweise auf eine externe Festplatte, die nicht ständig mit dem Computer verbunden ist. Außerdem sollten Sie wichtige Daten auf Ihrem Smartphone oder Tablet immer auf die Festplatte Ihres PCs kopieren. Alternativ können Sie auch spezielle Backup-Apps oder Cloud-Speicherdienste nutzen (Datenschutz beachten!). Oh ja! Auch Cloud-Speicher und Festplatten müssen regelmäßig sortiert und neu geordnet werden!
    Weitere Tipps und Artikel unter: www.saferinternet.at

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