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Das Aus für Biergärten

20/09/2022

Das Aus für Biergärten. Bayern unter Schock.

Das Konzept „Hoiwama“ („Hoibe Wassermaß“) in Wassergärten/ehemals Biergärten ist nun sogar auf das Oktoberfest übergeschwappt.

Auch die Wiesn bleibt ab jetzt Bier-los. Bierzelte wurden kurzfristig in Wasserzelte umbenannt.

Zum besseren Verständnis zuerst jedoch ein Rückblick. Wir berichteten bereits im Mai dieses Jahres:

„Seit heute steht er fest: der Beschluss der Bayerischen Wasserschutz- und Kläranlagenvereinigung, Biergärten im gesamten Bundesland in “Wassergärten” umzubenennen und deren Betreiber* gesetzlich auf den alleinigen Ausschank von stillem Wasser aus dem Zapfhahn zu verpflichten.
Die notwendigen Maßnahmen für die Umbenennung und Umgestaltung aller knapp 2000 Biergärten des Freistaats werden mit sofortiger Wirkung ab dem kommenden Montag getroffen.
Mit dem Ende aller innerstaatlichen Umbaumaßnahmen ist bereits am Mittwoch, 1. Juni 2022 zu rechnen. Gerade noch rechtzeitig vor dem drohenden Sommeranfang. Die Kosten für die tiefschürfenden Veränderungen tragen die jeweiligen Pächter.

Ein schwarzer Tag für die bayerische Getränke-Gastronomiekultur, so der Vorsitzende des Vereins zur Bewahrung Bayerischen Hopfen- und Malzbrauchtums, Franz Maßgriffl. Wir sind am Boden zerstört, erklärt der 99-jährige Nachkomme einer traditionsreichen Bierbrauerdynastie mit erstickter Stimme weiter. Nie im Leben hätten wir mit so etwas gerechnet, auch wenn es sich schon seit mindestens 10 Jahren abzeichnete und wir uns letztendlich selbst in dieses Verderben geritten haben.

Die Wurzel des Übels und der Hauptgrund für diesen radikalen Schnitt in einer jahrhundertealten Tradition liegt in einem Getränkegarten im Herzen Münchens.

In besagtem Gastronomiebetrieb (Name ist der Red. bekannt) neben dem Straßenbahnmuseum wurde beobachtet, dass das ehemals flüssige Gold nur in der Maßeinheit “Maß” an durstige Kunden* abgegeben wurde.

Wer nach einer halben Maß (also, einem halben Liter Bier oder Radler) fragte, wurde lediglich mit einem bösen Blick gewürdigt und direkt an den kühlen Wasserhahn weitergetrieben. “Kommst wieda wennsd an Duast host”, so rief man den Gedemütigten meist noch hinterher.

Immer mehr dieser schwächlichen Besucher*, Einheimische wie Zuagroaste ergaben sich diesem Elend und griffen, halb verängstigt, halb verärgert zur “Hoiwama”, oberbayerische Kurzform für Hoibe Wassermaß.

Nach und nach verdrängte die handliche Hoiwama die Biermaß ganz von den Tischen. Sie entpuppte sich, für knapp die Hälfte des Preises einer Maß Bier als recht erschwinglich. Man hat zwar nur noch die Hälfte Flüssigkeit, aber sie kostet auch nur noch knapp halb so viel.

Von Gemütlichkeit am Holztisch natürlich keine Spur mehr, doch der Kopf blieb klar und der Geldbeutel gefüllt. Denn spätestens nach der ersten Hoiwama verging einem der Spaß am Dursthaben.

Ein Prosit der Ungemütlichkeit

Da durch diese Tatsachen, auch mit Hinblick auf die noch herrschende Pandemie und die Inflation immer mehr Gäste auf Wasser umstiegen, sprangen die Bayerischen Wasserschutz- und Klärwerke, die davon Wind bekamen auf den fahrenden Zug auf und entwickelten eine völlig neue Getränke-Gastrostruktur, und somit auch -kultur: Marketingexperten* formulierten schnell ein neues Lebensgefühl, “Ein Prosit der Ungemütlichkeit” – und das natürlich in den neuen Wassergärten.  „Willst Du’s krasser, geh ans Wasser“.

Für die meisten Bayern zuerst ein großer Schock, aber die Erfahrung zeigt, dass der Mensch immer zuerst ein wehrhaftes Verhalten an den Tag legt, wenn es um schwerwiegende Veränderungen in der Brauchtumskultur geht. Dann aber doch sehr schnell und äußerst anpassungswillig auf neue Herausforderungen reagieren kann.

Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis man sich an die kleinen, mit geschmacklosem Wasser gefüllten Gläser neben einem halben Brathendl gewöhnt hat.

Ein kleiner Trost:

Das seit dem 19. Jahrhundert bestehende Brotzeitrecht, das besagt, dass jeder Biergarten-, Verzeihung, Wassergartenbesucher* seine eigene Brotzeit mitbringen und verspeisen kann, ist davon nicht betroffen.“

Ohne Alkohol kein Geschunkel, ohne Geschunkel keine Ansteckung

Dass dieses ideale Konzept nun auch auf das Oktoberfest übertragen werden konnte, ist ein weiterer Paukenschlag.

Hauptgrund hierfür war, wie soll es anders sein, die Pandemie. Ohne Alkohol kein Geschunkel, ohne Geschunkel keine Ansteckung. Anders gesagt, kein willen- und hemmungsloses Näherkommen mehr.

Damit wollte man ein Stück weit von der kultur-staatlichen Verantwortung, das Virus weiterhin nicht zu sehr in der Welt zu verbreiten, entbunden sein. Mehr könne man in Sachen Verantwortungsbewusstsein nicht tun.

Das neue Getränke-Konzept wurde dafür nun insofern erweitert, als man zum ersten Mal in der Geschichte des Oktoberfestes, also, seit 1810 sein Wasser selbst mitbringen darf, bzw. soll. Die Bedienungen auf der Wiesn konnten in der Kürze der Zeit nicht noch auf das richtige Tragen der kleinen und vor allem sehr viel leichteren Wassergläser umgeschult werden. Unter 15 Maßkrügen auf einmal ginge nichts. Das könne man von keiner Bedienung verlangen. Zudem weigerte sich das Ausschankpersonal, auch nur einen Finger auf den Zapfhahn eines Wasserspenders zu legen. Das sei unter ihrer Würde.

Das Essen jedoch muss, anders als in den Wassergärten, direkt vor Ort gekauft und verzehrt werden. Es wäre zu schade, all die eingefrorenen Ochsen, Schweine und Hendl, die seit 2020 in abgelegenen Tiefkühlhäusern darauf warten, auf dem Oktoberfest verspeist zu werden, jetzt doch noch, so knapp vor dem Verfallsdatum vernichten zu müssen.

Auch der Einzug der Wiesnwirte und der traditionelle Bierfassanstich des Oberbürgermeisters zu Beginn der Festlichkeiten wurden aus dem Programm gestrichen. Fasslose Wagen und ein OB am Wasserhahn…dieses Bild möchte man nun wirklich nicht aus Bayern in die Welt hinaussenden.

Vor der Eröffnung zog nur ein kleiner Jubelzug der Mitglieder der Bayerischen Wasserschutz- und Kläranlagenvereinigung durch die Münchener Innenstadt bis zur Theresienwiese. Alle 500 Meter war ein kräftiger Paukenschlag zu hören. Jener Paukenschlag, der ihnen mit diesem einmaligen Coup gelungen ist.

Bis zum ersten Montag konnte zudem sowieso kaum mit einem größeren Menschenansturm gerechnet werden, da sich knapp zwei Millionen der vorgesehenen insgesamt rund sechs Millionen Oktoberfestteilnehmer* gerade noch in London aufhielten, um sich nach bis zu dreißig Stunden Wartezeit in einer fünf bis sieben Kilometer langen Menschenschlange persönlich von der verstorbenen Queen Elizabeth II. zu verabschieden.  

By the way…beinahe hätten wir vergessen es zu erwähnen: Das Oktoberfest wurde jetzt ebenfalls umbenannt. In „Septemberfest“. Das war schon sehr lange sehr vielen ein Dorn im Auge, denn das größte Volksfest der Welt findet fast ausschließlich im Monat September statt. Endlich konnte auch hier ein Umdenken sattfinden. Vergelts Gott.

Wie sagte schon Heraklit von Ephesus: „Nichts ist so beständig wie der Wandel“.

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